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3.1.2007

Unfall-Statistik der Achttausender

Filed under: Allgemein — admin @ 12:32

Der im folgenden Artikel genannte Eberhard Jurgalski ist sehr unzufrieden mit der Darstellung des Journalisten der SZ. Bitte deshalb unbedingt auch den Kommentar zu dieser Meldung lesen, wo wir seine Anmerkungen und Berichtigungen wiedergeben!


Archivar der Abstürze: Ein Spanier dokumentiert akribisch alle Unfälle im Himalaja

Nie stieg er höher als auf einen Dreitausender. Trotzdem gilt er als Kenner aller Achttausender. Javier Eguskitza, ein Baske aus Bilbao, wird von seinen Landsleuten liebevoll Kartenfresser, Kartajanari, genannt. In seiner Wohnung quellen die Regale über von Landkarten des Himalaja. […] Eguskitza kennt sämtliche Basislager, Aufstiegsrouten und Gipfelstürmer. Und die Toten: 668 Bergsteiger sind an den 14 Achttausendern bis zur Silvesternacht 2005 umgekommen. Allein am Mount Everest starben 192 von 2561 Menschen, die sich zum höchsten Punkt des Planeten (8844 Meter) aufmachten. Je 56 sind abgestürzt oder von Lawinen begraben, 26 verschollen, 20 erfroren; die übrigen 34 an Höhenkrankheit oder anderen Leiden umgekommen. […]

Auch wenn der Cho Oyu zusammen mit dem Everest als leichtester der Achttausender gilt (2227 Besteigungen), starb dort etwa jeder Vierte der 37 Toten an Höhen- oder Herzproblemen. Verglichen mit dem auch für Hobbybergsteiger zunehmend erschlossenen Everest ist das viel: Dort standen Höhenkrankheiten und Herzattacken nur bei jedem neunten Umgekommenen auf dem Totenschein.

Betreffend die – noch – selten bezwungenen Achttausender liefern die Daten Eguskitzas den Expeditionsleitern handfeste Argumentationshilfen, um Gipfelstürmer zu beraten. Am K2 beispielsweise, der 249-mal bestiegen wurde, kamen 60 Alpinisten um, wobei ein Drittel abstürzte – ein extrem hoher Anteil. […] Angesichts von 41 Prozent Bergtoten unter denen, die auf dem Gipfel standen, darf der Annapurna als gefährlichster Achttausender gelten. Das gilt für Männer.

Die Extrembergsteigerinnen fürchten am meisten den Kangchenjunga, häufig einfach Kantsch genannt. Bis Ende 2005 versuchten vier Frauen, ihn zu besteigen. Zwei standen oben, aber keine der vier überlebte. […] Die Hälfte der 14 Achttausender sind von weniger als zehn Frauen bestiegen worden. Können und Besonnenheit bewies die 36-jährige Alpinistin Gerlinde Kaltenbrunner. Die Österreicherin erreichte im Mai 2006 den Gipfel des Kantsch, womit sie als einzige lebende Bezwingerin des gefürchteten Gipfels gelten darf. Neun der vierzehn Achttausender hat sie bestiegen – Weltrekord unter den Frauen. (Anm.: Gerlinde Kaltenbrunner kommt im Februar zu einem Diavortrag nach Moosen bei Taufkirchen/Vils)

[…] Über Jahrzehnte hinweg telefonierte Eguskitza Messner, Kammerlander und anderen Bergsteigern hinterher, sobald diese zurückkehrten aus den todbringenden Höhen. […] Damit ihm keine Expedition entging, baute Eguskitza ein Informantennetz in Pakistan auf.

Eguskitza ist inzwischen 66 Jahre alt. Aus gesundheitlichen Gründen musste er vor Jahren seinen Beruf als Programmierer aufgeben. Selbst auf seine geliebten Landkarten kann er sich jetzt nicht mehr länger als einige Minuten konzentrieren. Aber seine Daten und Kontakte gehen nicht verloren; er übergab sie an einen deutschen Kartenfresser-Kollegen: Eberhard Jurgalski, 54 Jahre alt, in Lörrach lebend. Er kommt mit dem Sammeln und Auswerten von Daten kaum noch nach: Allein im Jahr 2006 standen mehr als 480 Menschen auf dem Mount Everest. Elf derjenigen, die sich zum höchsten Gipfelsturm aufmachten, kamen ums Leben – mehr als in den Jahren 2000 bis 2005 zusammen. MARTIN ROOS

Quelle: Süddeutsche Zeitung
Nr.2, Mittwoch, den 03. Januar 2007 , Seite 16

Ein Kommentar »

  1. Sehr geehrte Damen und Herren!

    Nachdem Sie den Artikel der Süddeutschen nun kopiert haben, und diese Zeitung mir keine Chance gegeben hat, alle Fehler, die der Journalist geschrieben hat, zu korrigieren, möchte ich Ihnen die Fehler mitteilen und sie bitten, die wichtigsten Korrekturen irgendwie bei Ihnen zu veröffentlichen. Ich verstehe die „Süddeutsche“ nicht, das Sie einem Journalisten mehr glauben schenken als dem Chronisten selbst, der diese Arbeit seit nunmehr 26 Jahren gewissenhaft macht. Ich hoffe, Sie geben mir die Gelegenheit, alles zu korrigieren und verbleibe

    mit freundlichen Grüssen
    Eberhard Jurgalski
    Himalaya-Chronist
    Lörrach

    Die wichtigsten Korrekturen:

    „Allein am Mount Everest starben 192 von 2561 Menschen, die sich zum höchsten Punkt des Planeten (8844 Meter) aufmachten.“

    Falsch!

    2557 (inzwischen nach unten korrigierte Zahl von) Besteigungen, nicht „Menschen“, da es viele Wiederholer gibt (z. B. Apa Sherpa 16 mal)! Von den 192 Toten bis Ende 2005 waren nur 50 vorher auf dem Gipfel.

    „Auch wenn der Cho Oyu zusammen mit dem Everest als leichtester der
    Achttausender gilt“

    Falsch!

    Selbst wenn man den für Nichtspezialisten offensichtlich irreführenden Quotienten Besteigungen/Tote nimmt, ist der Everest im Mittelfeld zu finden!

    „Angesichts von 41 Prozent Bergtoten unter denen, die auf dem Gipfel standen, darf der Annapurna als gefährlichster Achttausender gelten.“

    Falsch!

    Somit wäre fast jeder zweite „Gipfelbezwinger“ auf dem Rückweg gestorben, was natürlich Blödsinn ist. Von den 58 Toten an der Annapurna kamen lediglich acht nach dem Gipfel um, die anderen 50 starben beim Versuch! Für die Besteiger ist natürlich der K2 der gefährlichste 8000er. Hier die Tabelle bis Ende 2005:

    Berg / Besteigungen / Tote beim Abstieg / Prozentsatz Tote beim Abstieg / Tote gesamt
    K 2 249 23 9,24 60
    ANNAPURNA I 140 8 5,71 58
    MAKALU 226 11 4,87 24
    KANGCHENJUNGA 196 8 4,08 40
    GASHERBRUM I 229 7 3,06 23
    EVEREST 2557 50 1,96 192
    DHAULAGIRI I 331 5 1,51 56
    NANGA PARBAT 265 4 1,51 62
    BROAD PEAK 269 4 1,49 18
    MANASLU 241 3 1,24 52
    SHISHA PANGMA 229 2 0,87 19
    LHOTSE 280 2 0,71 9
    GASHERBRUM II 697 4 0,57 17
    CHO OYU 2088 7 0,34 38

    Copyright Eberhard Jurgalski and The Himalayan Database
    Stand 31.12.2005, etwas aktueller bei Cho Oyu, sonst, wie in der ersten Ausgabe vom Spiegel 2006 auf Seite 100 korrekt abgedruckt!

    „Die Extrembergsteigerinnen fürchten am meisten den Kangchenjunga, häufig einfach Kantsch genannt. >>>Bis Ende 2005 versuchten vier Frauen, ihn zu besteigen. Zwei standen oben, aber keine der vier überlebte<<<." Falsch, siehe unten die vier verstorbenen Frauen beim Versuch, den "Kantsch" zu besteigen, die erste Besteigerin des Kangchenjunga (die an einem anderen 8000er starb) und die zweite Besteigerin, die sich bester Gesundheit erfreut: Hier die vier weiblichen Kangchenjunga-Toten vor der ersten erfolgreichen Frau: 23 Marija Frantar (f) Slovene 03.05.1991 Slovene SW Face appr. 8400 m fall 28 Wanda Rutkiewicz (f) Polish 13.05.1992 Mexican NW Face appr. 8300 m disappeared 29 Yekaterina Ivanova (f) Russian 10.10.1994 Belorussian SW Face appr. 6700 m avalanche 31 Iordanka Dimitrova (f) Bulgarian 23.10.1994 Belorussian SW Face appr. 8300 m disappeared Die zwei Bergsteigerinnen, die es bisher geschafft haben: HARRISON Ginette UK f 18.05.1998 KANGCHENJUNGA died on Dhaulagiri 24.10.1999 KALTENBRUNNER Gerlinde A f 14.05.2006 KANGCHENJUNGA "Allein im Jahr 2006 standen mehr als 480 Menschen auf dem Mount Everest. Elf derjenigen, die sich zum höchsten Gipfelsturm aufmachten, kamen ums Leben - >>>mehr als in den Jahren 2000 bis 2005 zusammen<<<." Falsch! Der Journalist verwechselte in den Tabellen wieder die Toten auf dem Rückweg vom Gipfel mit den Gesamttoten. Von den 11 im Jahre 2006 waren vier auf dem Gipfel, von 2000-2005 waren 10 von 27 Toten vorher auf dem Gipfel. Er interpretierte die 10 vom Gipfel kommenden als weniger als die 11 Gesamttoten von 2006! Hier die 27 Toten vom Everest von 2000-2005: 166 Jeppe Stoltz Danish 20 May 2000 167 Yan Gen-hua Chinese 21 May 2000 168 Babu Chiri Nepalese Sherpa 29 Apr 2001 169 Peter Ganner Austrian 23 May 2001 170 Mark Auricht Australian 24 May 2001 171 Aleksei Nikiforov Russian 24 May 2001 172 Sándor Gárdos Hungarian 17 Oct 2001 173 Peter Legate British 30 Apr 2002 174 Zoran Miletic Yugoslavian 17 May 2002 175 Marco Siffredi French 8 Sep 2002 176 Arnaud Saulnier French 9 Apr 2003 177 Karma Gyalzen Nepalese Sherpa 24 May 2003 178 Krzysztof Liszewski Polish 25 May 2003 179 Bhim Bahadur Gurung Nepalese 27 May 2003 180 Nils Antezana Bolivian/American 18 May 2004 181 Park Mu-Taek South Korean 18 May 2004 182 Jang Min South Korean 18 May 2004 183 Baek Joon-Jo South Korean 18 May 2004 184 Shoko Ohta (f) Japanese 20 May 2004 185 Hristo Hristov Bulgarian 20 May 2004 186 Mariana Maslarova (f) Bulgarian 23 May 2004 187 Sean Egan Canadian 29 Apr 2005 188 Michael O'Brien American 1 May 2005 189 Marko Litheneker Slovenian 21 May 2005 190 SS Chaithanya Indian 31 May 2005 191 Dieter Kramer German 5 Jun 2005 192 Robert (Rob) William Milne British/American 5 Jun 2005 --- Lieber Herr Jurgalski: ich hoffe, dass diese Korrektur in ihrem Sinne ist. mfg, Hans Sterr

    Kommentar by Hans Sterr — 2.2.2007 @ 18:06

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